Naturheilkunde
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Zitrone und Co. – Zitrusfrüchte im Dienste der Wissenschaft
Am 20. Mai wird der Tag der klinischen Studien gefeiert.

Zitrone und Co. – Zitrusfrüchte im Dienste der Wissenschaft

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Wissenschaft Immunsystem

Am 20. Mai wird der Tag der klinischen Studien gefeiert (international der ICTD – International Clinical Trials Day). Dieser Tag bietet Forschungseinrichtungen und der Öffentlichkeit die Gelegenheit, sich über die neuesten Ergebnisse der klinischen Forschung zu informieren und verschiedene Studienthemen zu diskutieren. Aber warum feiern wir genau dieses Datum?

Zusammenfassung

1749, durchgeführt von James Lind.

James Lind mit seiner berühmten "klinischen Studie" gegen Skorbut.

Lind glaubte, dass die Krankheit durch Fäulnis hervorgerufen wurde – und dass Säure vor dieser Fäulnis schützen könnte. mehr

Die erste klinische Studie

Es soll an den 20. Mai 1747 erinnern, der Tag, an dem James Lind mit seiner berühmten klinischen Studie gegen Skorbut den Grundstein für die moderne klinische Forschung legte.

Im Gegensatz zu damals ist es heute für uns selbstverständlich, dass in der Wissenschaft systematisch geforscht wird, dass man versucht, objektive Erkenntnisse zu gewinnen. Eine wesentliche Methode der Medizin ist die klinische Forschung, sprich: die Forschung am Patienten (im Gegensatz zu der Grundlagenforschung oder der Forschung im Labor.) In der klinischen Forschung wird ein möglichst einheitliches Kollektiv an Menschen (beispielsweise Patienten mit einer bestimmten Erkrankung) in verschiedene Gruppen unterteilt. Diese Gruppen erhalten unterschiedliche Maßnahmen.

Zitrusfrüchte im Dienst der Wissenschaft

In dem Experiment von 1747 vor genau 275 Jahren! , das heute als erste klinische Studie gilt, spielen Zitronen und Orangen eine herausragende Rolle. Für dieses Experiment blicken wir zurück in die Seefahrt des 18. Jahrhunderts. Auffällig viele Seeleute erkrankten an Skorbut (Mundfäule): Sie litten unter Schwäche, Muskelschmerzen, Zahnfleischbluten bis hin zum Ausfallen der Zähne. An den Füßen kam es zu Geschwüren, Wunden heilten nicht, die Gelenke waren entzündet. Fieber und Schwindel traten auf. Auch die Nerven waren mitgenommen, es kam zu Depressionen und Halluzinationen. Für viele endete der Leidensweg gar mit dem Tod.

Doch was war der Grund für diese schlimme Erkrankung? Steckte eine ansteckende Krankheit dahinter oder gab es eine andere Ursache?

Dies blieb zunächst im Unklaren. Bereits im 16. Jahrhundert ahnte man, dass Zitrusfrüchte die Lösung sein konnten. Ein holländisches Schiff, das Zitrusfrüchte geladen hatte, kam 1564 nach einer mehrmonatigen Fahrt wieder zuhause an. Doch keiner aus der Besatzung litt unter den Beschwerden, die so gut bekannt von anderen Schiffen waren. Die englische East India Company ordnete daher an, dass jeder Seemann auf ihren Schiffen pro Tag drei Teelöffel Limettensaft zu sich nehmen solle. Leider wurde diese Erfahrung jedoch zunächst nicht weiter untersucht. Erst 1747 beschloss ein schottischer Schiffsarzt (James Lind) den Einfluss der Ernährung auf die Erkrankung systematisch zu prüfen.

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Aus wissenschaftlicher Sicht fragte er: Kann es sein, dass die furchtbaren Beschwerden durch das Essen verursacht werden? Und kann es sein, dass das Heilmittel eine Säure ist?

So unternahm er einen systematischen Versuch zu der rätselhaften Krankheit, der als eines der ersten klinischen und kontrollierten Experimente in die Geschichte der Wissenschaft eingehen sollte: Lind glaubte, dass die Krankheit durch Fäulnis hervorgerufen wurde – und dass Säure vor dieser Fäulnis schützen könnte. Also wählte er sechs verschiedene säurehaltige Lebensmittel aus, um zu untersuchen, ob es einen unterschiedlichen Effekt bei zwölf Patienten gab, die ansonsten alle genau die gleiche Diät erhielten:

Jeweils zwei Matrosen auf dem Schiff, die an Skorbut litten, gehörten zu einer „Gruppe“ und erhielten eines der sechs Lebensmittel: Gruppe 1 Apfelwein, Gruppe 2 Schwefelsäure, Gruppe 3 Essig, Gruppe 4 zwei Apfelsinen und eine Zitrone täglich, Gruppe 5 – quasi wie eine Kontrollgruppe – Seewasser, Gruppe 6 Gewürzpaste und Gerstenwasser. Bereits nach fünf Tagen musste das Experiment abgebrochen werden, denn Apfelsinen und Zitronen waren aufgebraucht. Die positive Wirkung dieser Zitrusfrüchte jedoch war schon jetzt nicht zu übersehen: Von den beiden kranken Seemännern, die Zitronen und Apfelsinen zu essen bekommen hatten, ging es einem schon wieder gut, der andere hatte sich deutlich erholt. Die Wirkung war dabei deutlich besser als in allen anderen Gruppen. Und so hatte Lind etwas Bedeutendes herausgefunden: Zitronen und Apfelsinen halfen offenbar gegen die schreckliche Krankheit der Seeleute. Warum dies so war, das wusste er allerdings nicht. Er ließ sich in Edinburgh nieder und schrieb 1753 eine Abhandlung über Skorbut – auf Englisch „scurvy“. Diese Abhandlung jedoch fand kaum eine Resonanz und führte zu keinerlei politischen Maßnahmen.

Im Hinblick auf Skorbut empfahl er, so heißt es, Brunnenkressesamen mitzunehmen und auf feuchten Tüchern zu ziehen. Tatsächlich: Brunnenkresse ist außerordentlich Vitamin C-haltig. Lind hatte also einen richtigen „Riecher“. Und auch wenn seine sprachlichen Erklärungsbilder von „Fäulnis“ und „Säuren“ nicht ganz richtig sind, sind sie auch nicht ganz falsch, denn tatsächlich ist Vitamin C eine Säure – die Ascorbinsäure. Das Wort „Fäulnis“ ist vielleicht medizinisch unpräzise, beschreibt aber gut, was man sieht: einen Verfall des Gewebes.

Heute wissen wir, dass Vitamin C für die Bildung von Kollagen zuständig ist. Wird kein Kollagen, das unter anderem für unser Bindegewebe erforderlich ist, gebildet, ist der ganze Körper betroffen: Es kommt zu degenerativen Prozessen und Blutungen. 40 Jahre nach dem bedeutenden Versuch stießen James Linds Untersuchungsergebnisse bei der britischen Admiralität auf Akzeptanz. Daraufhin wurden Seefahrer präventiv mit Zitronensaft versorgt. [01]

Literatur zu »Zitrone und Co. – Zitrusfrüchte im Dienste der Wissenschaft«

[01] vgl. Attlee 2015, S.63 (Attlee, H., 2014: The land where lemons grow: the story of Italy and its citrus fruit, U.S. edition. ed. The Countryman Press, Woodstock, Vermont.)

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Karen Schmidt
Karen Schmidt, M.A.

Karen Schmidt studierte Politikwissenschaft, Geschichte, Philosophie und Verwaltungswissenschaften. Als Medizinredakteurin absolvierte sie verschiedene Stationen in medizinisch-wissenschaftlichen Verlagen. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der laienverständlichen Aufbereitung medizinischer Fachthemen und der Patienteninformation. Seit 2010 arbeitet sie als Medizinredakteurin bei Natur und Medizin e.V.